Sophie Passmann hat in ihrem Podcast „Die große Tailor Swift Folge“ eigentlich alles zu Taylor Swift und ihrer Markenbildung gesagt. Deshalb soll die Essenz ihrer Erkenntnisse in der dritten Folge unserer Serie Lieblingsmarken (Part One gibt es hier und Part Two hier) nur ganz kurz referiert werden. Zum Schluss wird natürlich aufgelöst, warum ausgerechnet Taylor Swift in den exklusiven Kanon unserer Lieblingsmarken gerutscht ist – aus gegebenem Anlass.
Passman begründet den Erfolg der Marke Taylor Swift vor allem damit, dass sie ihre Kernzielgruppe kennt und konsequent bedient. Wer das ist? Nun, es sind die uncoolen Girls and Gays dieser Welt und davon gibt es da draußen eben wesentlich mehr als von den coolen Dudes. Coolness zeichnet immer eine gewisse Unerreichbarkeit aus und damit will Taylor Swift eigentlich nichts zu tun haben. Sie ist das zu glitzernd, zu grell und zu eng gekleidete Girl von nebenan, das um Liebe und Anerkennung ringen muss. Eigentlich. Ein Strich durch die Rechnung macht ihr ihr Über-Erfolg, der sie in Sphären katapultiert hat, für die Unerreichbarkeit eine noch viel zu niedliche Beschreibung ist. Aber das ist ein anderes Thema.
1 Ich, 4 Facetten
Ursache dieses Mega-Erfolges, so Passmann, seien vier swiftsche Facetten. Die erste Facette sei „Die Radio Taylor Swift“. Die wohnt bei Hunkemöller und in Supermärkten. Ihre Seele hat sie für dieses Großraumpublikum in der Gummibärchenabteilung abgegeben. „Mir blutet dabei Stammhirn aus dem Ohr“ sagt Passmann über diese Spielart einer Musikerin und Songschreiberin, die sie trotzdem für erfolgreicher als Michael Jackson und talentierter als Bob Dylan hält. Fest steht: Omnipräsenz brennt sich selbstverständlich ein und wirkt für erfolgreiche Markenbildung wie ein Raketentriebwerk.
Facette No. 2, „Die Album Taylor Swift“ sitzt auf dem Olymp in der Welt der Konzeptalben. Den Sitz hat sie mit stringentem Storytelling, produziert im Haus der Perfektions-Quälerei, erklommen. Sie hat ein komplettes Album mit Aaron Dessner von „The National“ gemacht, mithin einem der größten Songwriter und Produzenten in der Welt des Independent Rock, in der wiederum die Tylor-Swift-Hasser eine WG aufgemacht haben. Für die wird die Luft dadurch sehr knapp. Und für die anderen sind die Swift-Alben die besseren Poesiealben ihrer Generation, also der Anfang bis Mitte Dreißigjährigen.
„Die Country Taylor Swift“, No. 3 der swiftschen Ich-Varianten, haust in der Vergangenheit, die im Internet bekanntlich nicht totzukriegen ist. Wer also eine junge Taylor Swift mit „schlecht ausgekämmten Korkenzieherlocken“(Passmann) schmalzige Countrysongs trällern sieht, begegnet einer Künstlerin vor ihrer Verpuppung zur Album-Göttin. Und versorgt das Storytelling zur Marke TS mit eben jener Authentizität, die die Sehnsucht der uncoolen Kernzielgruppe nach Echtheit und, ja, auch nach peinlichen Momenten, sättigt. „If too perfect, lieber Gott böse“, hat der Konzeptkünstler Nam June Paik einmal festgestellt. Nicht nur Gott ärgert die Vollkommenheit, sondern auch Fans, die sich selbst jede Menge Mängel attestieren.
Schließlich läuft Sophie Passmann zu ganz großer Form auf, wenn sie begründet, warum No. 4 im Persönlichkeitsquartett der Musikerin ihre Favoritin ist: nämlich „Die Songwriter Taylor Swift“. Passmanns Lieblingssong von Taylor Swift ist „You’re On Your Own, Kid“. Folgende Lyrics haben es ihr besonders angetan:
From sprinkler splashes to fireplace ashes
I gave my blood, sweat, and tears for this
I hosted parties and starved my body
Like I’d be saved by a perfect kiss
Wer das liest und nicht versteht, warum das toll ist, hört die Begründung am besten im Passmann-Podcast nach. Sie ist so leidenschaftlich persönlich und analytisch bestechend, dass es einem die Vorurteilswand zerdeppert, die man – genervt vom Mega-Hype um eine als mittelmäßig empfundene Künstlerin – sorgfältig rund um Taylor Swift gezimmert hat. Passmann bescheinigt Swift, die Stimme ihrer Generation zu sein. Ich selbst zähle zur Elterngeneration dieser Anfang Dreißigjährigen und selbst mich trifft die universelle Weisheit dieser Zeilen: Welche Frau, egal wie jung oder alt, kennt ihn nicht den Traum vom perfekten Kuss des perfekten Boys, den man sich hungernd und Parties schmeißend zu erkaufen hofft? Aber auch ich hatte Deutsch-Leistungskurs. Auch deshalb bin ich, um hier mal wieder näher ans Thema zu rücken, um das es hier eigentlich geht, im Content Marketing und nicht in der klassischen Werbung gelandet: In unserer Branche geht es weniger um den Claim und mehr ums Storytelling, die erzählerische Langstrecke. Ich gehöre also laut Passmanns Analyse zu den Wortliebhaberinnen, für die Frau Swift Musik macht. Und jetzt sind wir bei der Schlusspointe gelandet. Bei jenem Post vom 27. August 2025 nämlich, das Instagram kurzfristig abstürzen ließ und das an einem Tag über 33 Millionen Likes einsammelte: