Walden ist eine Illustrierte für Männer, die für eine Arschbombe eine Anleitung brauchen (S. 78). Die beim Paddeln rote Tulpe in der Brusttasche tragen und dabei nicht nach vorn sondern ins Gesicht ihres Kumpels schauen (Cover).
Die ein Kanu in elf Stunden für 492 Euro Materialkosten lieber selber zusammenzimmern, statt ein spitzen Nordmann-2er für 510 Euro im Fachhandel zu kaufen (S. 80). Die also die Dinge gern selbst in die Hand nehmen. Nur vielleicht den edlen Holzbogen für 650 Euro nicht, denn da sei der empfohlene hirschlederne Schießhandschuh vor (S. 117), mit dem er sich die Schläfe reibt und fragt, warum, hihi, die Eule keinen Penis hat (Editorial). So schließt das Mag denn auch mit einem Klampf-Doppelseiter, der – „Fingerspitzengefühl beweisen“, „Erste Saitenhiebe“ – launig erklärt, wie er einen Dylan Song zu zupfen hat. Dabei hat Dylan schon 1965 in Newport seine Folk-Klampfe gegen eine amtliche E-Gitarre eingetauscht, weil er mit 24 Jahren lieber sharp als retro sein wollte. Die Walden-Macher, soviel ist sicher, hätten zu jenen gehört, die ihn dafür schwer beleidigt ausgebuht haben.
Dies ist Waldens „Field Guide“ für die Jackentasche:
Mit dem ganzen Kram ist das ab heute am Kiosk erhältliche Walden spät dran, denn es gibt ja schon die Heritage Post, Beef, Tweed (das wohl schon nicht mehr), alles Anti-Pop-Postillen für den Mann von gestern, der im SUV zum Einkaufen zu Manufaktum rollt. Das Zuspätkommertum passt natürlich zu Gruner+Jahr, dem Verlag hinter Walden, das als „Ein Freund von GEO“ gelabelt wird. Doch wo es in GEO um die große weite Welt geht, sucht der Waldener nach dem Abenteuer vor der Haustür. Er ist keiner, der unnütz Flugmeilen verschenkt und damit Ökodefizite anhäuft. Das läuft natürlich alles Gefahr, in puschiger Wandervogelhaftigkeit herumzudümpeln. Das Walden-Team, dem Markus Wolff und Harald Willenbrock vorstehen, versucht dies mit einem Touch Brigitte zu umgehen. So frisch und frei wie in Gruners Frauenpostillen-Flagschiff kommen Sprache und Humor auch im Magazin rüber, das dem Manne weismachen möchte, dass die Natur ihn zurück haben will. Der Schrecksee ist „geradezu malerisch“, es warten „höhlige Logenplätze“ auf ihn, Kajakfahren ist etwas „für Schlagfertige“ und Taschenmesser passen zu „Aufschneidern“. Deko-Sprech für Männer von Frauen, die in Waldens Schwester Brigitte die für sie passende Variante der Handarbeit vorgeführt bekommen: Warum eigentlich nicht mal wieder Kerzen drehen, mit den Händen in der Blumentopferde wühlen, einen Kissenbezug häkeln und richtig schön für die Freunde kochen? Und: Hemden muss man nicht wegschmeißen, wenn sie Löcher haben – die kannste stopfen, Mädchen.
Das Lustigste an Walden ist die Anzeige auf der U4. Dort ruhen auf rauen Holzbohlen rostige Werkzeuge, Thermoskanne, Holzfällerhemd, Geige, was man eben so rumliegen hat in der Blockhütte. Inmitten des Stillebens thront in aller Porzellanhaftigkeit ein Designer-Bidet von Philippe Starck – „nachhaltig, langlebig, perfektes Design, gleichzeitig ausgesprochen individuell und mit SensoWash Slim“ (was immer das nun wieder ist).
Für den Walden-Leser endet der Traum vom Leben in der Wildnis ganz offensichtlich beim Plumpsklo.
Arschbombe mit Anleitung eben.
60 Sekunden Zusammenfassung
Es ist bemerkenswert, wie speziell die Zielgruppen für neue Magazintitel heute definiert werden. Gruners Magazin „Walden“ richtet sich an die Klientel mittelalter Männer, die urban Leben und sich danach sehnen, dem Huckleberry Finn in sich Raum zu geben. Das Magazin ist als „Freund von GEO“ gelabelt und in der Rezension wird ausgelotet, welche Tipps dieser Kumpel seiner Zielgruppe mit auf den Weg gibt.