Wann ergibt Content Marketing im ByteDance-Netzwerk Sinn?
„Es muss auch Orte geben, wo die Kinder unter sich bleiben“, moderierte Podcaster und Musiker Olli Schulz einst die Präsenz von Erwachsenen und also auch von Marken auf TikTok ab. Die 2016 zunächst als „musical.ly“ gestartete Plattform wird im September 2024 acht Jahre alt und liegt damit fünf Jahre unter dem von den App-Betreibern selbst empfohlenen Mindestalter für ihre Nutzung. Die Userschaft wird älter, aber sie ist immer noch jung, Zielgruppe bleiben weltweit Teenager*innen. Die Idee, dass TikTok tatsächlich ohne Steinzeitmenschen über 30 auskommen würde, ist allerdings naiv. Im April 2024 beschloss das US-Repräsentantenhaus, TikTok in den USA zu verbieten, wenn es ein rein chinesisches Unternehmen bleiben sollte. Längst sind die geopolitischen Verwerfungen der Erwachsenen im Teenie-Kanal angekommen, denn TikTok wird von China kontrolliert und kann willkürlich Einfluss auf die politische Stimmung in den USA nehmen. Es ist keine attraktive Aussicht für die US-Führungsriege, ein derartiges Machtinstrument in den Händen des Systemfeindes zu wissen. Mangelnder Datenschutz, Spionage, Zensur – TikTok ist und bleibt auch im Rest der Welt umstritten, außerdem kopiert die Konkurrenz die Mechanik des Kanals und kann diesen, wie Instagram, im Wachstum sogar überholen. Klopfen wir hier also mal in aller TikTok-Kürze ab, wann es sich für Content Marketeers lohnt, auf TikTok zu setzen.
Typisch tikTok: Younes Zarou aus Frankfurt lässt es auf seinem Kanal mächtig rauchen und knallen
Wie tickt TikTok?
Es tickt zuallererst: sehr schnell. Die ohnehin hastigen Clips können mit der Platzierung des Daumens auf dem linken Bildschirmrand mit doppelter Geschwindigkeit abgespielt werden – inkl. Micky-Maus-Tonspur. Nicht selten nehmen die Teens den Daumen auf TikTok gar nicht mehr vom Schirm, es bleibt also fraglich, was überhaupt bei diesem Tempo an Message oder Marke im Gedächtnis hängen bleiben kann. Andererseits wird der Erfolg der AfD immer wieder mit deren im Vergleich zu anderen Parteien sehr viel ausgeprägteren TikTok-Präsenz begründet. Als First Mover kann man in bestimmten Segmenten also offenbar doch Punkten. Insgesamt basiert TikTok, wie viele neue Boom-Technologien, auf einer uralten Idee: der des Slapsticks. In den mobilen Kurzvideos zeigt man sich nicht wie beispielsweise auf Instagram in möglichst glänzendem Licht. Es erntet Likes und Follower, wer absurde und witzige Dinge tut und sich selbst auch mal durch den Kakao zieht. Peinlich oder schräg? Gut so! Dem Frankfurter Younes Zarou folgen 54,6 Millionen Kids auf TikTok und sehen ihm dabei zu, wie er Zahnpasta wieder in der Tube verschwinden lässt, Kürbisse zum Qualmen bringt oder als Joker geschminkt, schwarze Schwaden aus seinem Mund gleiten lässt. Wichtig: Ohne Musik geht auf TikTok nichts. Songs, die auf TikTok trenden, landen kurz darauf zuverlässig in den Musikcharts. Werden Klassiker wie Nirvana – das Album Nevermind erschien 1991 – auf TikTok gefeiert, kommt es ganz sicher auch im Fashion-Segment zum Revival einer ganzen Mode-Epoche.