Vor rund zwei Jahren noch als bloßer Hype und neues Szene-Buzzword belächelt, gehört Influencer Marketing mittlerweile zu den festen Basis-Werkzeugen des Marketing-Baukastens. Und was auch immer man davon halten mag – irrelevant. Fakt ist: Influencer Marketing funktioniert. But let’s face the truth: Zwar wächst und professionalisiert sich diese recht hippe Marketingdisziplin extrem schnell, doch wo Licht ist, ist in der Regel auch Schatten. Peinliche Instagram-Kampagnen mit 08/15-Content, gekaufte Follower, verlorener Brandfit, aberwitzige Gagen-Forderungen oder Schleichwerbung – die anfänglichen Stärken des Influencer Marketings offenbaren Schwachstellen. Es wird unübersichtlich im Influencer-Dschungel. Grund genug, darüber zu sprechen. Und zwar face-to-face. Ohne Selbstbeweihräucherung. Ohne Best Cases. Sondern ehrlich. Im direkten Dialog. Beim Influencer Marketing Barcamp 2018 bei OTTO in Hamburg ging es zur Sache. Ungeschönt. Direkt. Blogger, Influencer, Mitarbeiter von Agenturen oder Unternehmen und Marketingexperten diskutierten die Probleme, aber auch die Chancen des Influencer Marketings.
#werbung: If Content is King, Influencer Marketing is Queen
People vs. Plattform
Ob Unternehmen aus dem B2B-Bereich, Lifestyle- oder Mode-Marken – jeder will „irgendwas mit Influencern“ machen. Die Folge der steigenden Nachfrage: Rund ums Influencer Marketing ist eine wahre Goldgräberstimmung ausgebrochen. Immer mehr spezielle Agenturen, Plattformen und Datenbanken, die Influencer und Unternehmen in Kontakt bringen, sprießen aus dem Boden und wollen was vom Werbe-Erfolgskuchen ab haben. Doch welcher Dienstleister ist der richtige fürs Unternehmen? Welcher für die Influencer selbst? Ist Influencer Marketing ein reines People Business oder können auch Plattformen wie ReachHero oder BuzzBird Aufgaben wie Beratung, Konzeption, Recherche, Vermittlung, Qualitätssicherung und Auswertungen übernehmen?
„Auch ein mittelständisches Unternehmen, kleine Budgets oder Micro-Influencer-Kampagnen brauchen Beratung. Die Entwicklung einer gemeinsamen, authentischen Botschaft erfordert mehr als eine Einkaufsplattform.“ OMG-Fuse-Chef Dominik Scholta
Vorteile einer Influencer Marketing Agentur
Zieht ein Unternehmer eine Agentur zu Rate, kostet es. Eine Investition, die sich auszahlt, denn: Im Marketing sind Beziehungen nicht ganz unbedeutend. Werden Kampagnen über Plattformen gespielt, sind sie unpersönlich, fast schon künstlich. Eine Agentur jedoch hilft nicht nur beim Influencer Marketing selbst, sie betreibt zudem Influencer Relations. Dabei werden nicht nur Fakten wie Reichweite und Follower beleuchtet, sondern auch Glaubhaftigkeit und Nachhaltigkeit stehen im Fokus bei der Zusammenarbeit mit den Influencern. Es ist ein gewisser Service. Das Gefühl von „jemand ist da, der sich kümmert“. Das erleichtert die Arbeit von Unternehmen, sorgt aber auch dafür, dass Influencer sich gut aufgehoben fühlen und langfristige Beziehungen entstehen können.
Agenturen haben neben der Beziehungsebene aber auch andere Vorteile: Sie kennen die Gepflogenheiten und Regeln, die bei den verschiedenen Social-Media-Plattformen beachtet werden müssen, begleiten die Kampagnenentwicklung von Anfang an und können unter Beachtung aller Aspekte dafür sorgen, dass am Ende auf die richtigen Influencer gesetzt wird. Das ist gerade bei nischigen Themen ein extremer Vorteil. Dieser Beratungsservice minimiert das Risiko von Fehlinvestitionen erheblich. Denn Kampagnen werden als Prozesse eng begleitet, so wird die Qualität des Contents permanent gesichert und überprüft, ob alle Rahmenbedingungen eingehalten werden. Das Schöne: Von einer erfolgreichen Zusammenarbeit profitiert nicht nur das Unternehmen, sondern auch der Influencer und die Agentur, die eine weitere Referenz verzeichnen kann.
Vorteile einer Influencer Marketing Plattform
Vor allem bei kleineren Kampagnen oder wenn das Budget sehr klein ausfällt, kann es Sinn machen, dass die Steuerung in der Hand der Marketing Abteilung des Unternehmens bleibt und kein zusätzliches Geld in einer spezielle Agentur investiert wird. Doch Influencer gibt es gefühlt wie Sand am Meer. Wie nun den oder die Richtige finden? Genau da helfen entsprechende Tools und Plattformen. Sie erleichtern nicht nur die schnelle Suche, sondern auch die Analyse, ob der Influencer zur Brand oder zum Produkt passt und wie stark seine bzw. die Content-Reichweite ist. Viele Plattformen ermöglichen sogar, dass Unternehmen direkt in Kontakt zu den jeweiligen Influencern treten können. Kampagnen werden festgelegt, Preise ohne lästige Verhandlungen vom Tool selbst bestimmt, Rechnungen automatisch generiert – sprich: der Organisationsaufwand wird auf ein Minimum reduziert. So können Kampagnen schnell und übersichtlich über die Bühne gebracht werden, ohne zeitintensive Abstimmungsprozesse.
Die Tools und Plattformen bedienen allerdings nicht nur die Ansprüchen von Unternehmen, sondern sind auch für Influencer selbst konzipiert. Sie geben ihnen die Möglichkeit, sich auf Kampagnen oder eine Zusammenarbeit zu „bewerben“. Weiterer Vorteil einer Plattform: Das Reporting. Während eine Agentur nach Abschluss einer Kampagne diese selbst auswertet, übernimmt hier das Tool die lästige Arbeit mit den Zahlen, Daten und Fakten. Alles in allem: Plattformen haben erhebliche organisatorische Vorteile. Dennoch, für eine gesicherte Kampagnensteuerung müsste ein Unternehmen – auch mit Hilfe einer Plattform – wochenlang Research betreiben. Plattformen bedienen allerdings keine spitzen Zielgruppen bzw. Nischen.
Session 2: Branding vs. Performance
Am Anfang jeder Kampagne, egal ob klassisch oder mit Influencern, steht die Frage: Was ist das Ziel, bzw. was soll eigentlich mit dieser Kampagne erreicht werden? Konkrete KPI’s legen fest, ob die Markenbekanntheit bzw. das Image oder ob vertriebliche Bemühungen wie der Abverkauf das Ziel sind. Doch, ob Branding oder Performance: Mit Influencer Marketing lässt sich eine Zielgruppe erreichen, die keinen Fernseher mehr hat und so gut wie keine Zeitung mehr ließt. Wie gut das in Sachen Branding klappt, hat Uhrenhersteller Daniel Wellington vorgemacht. Die Produkte der Marke wurden ausschließlich über die sozialen Medien beworben – so wurde die schwedische Brand immer bekannter, sogar quasi selbst zu Social-Media-Star. 4,3 Millionen Menschen haben Daniel Wellington bei Instagram abonniert. Damit hat die Marke sogar mehr Follower als viele bekannte Influencer. Warum Branding also so gut – vor allem auf Instagram – funktioniert? Das Netzwerk dient nicht nur zum Austausch, sondern ist darauf ausgelegt, zu inspirieren. Influencer sind Meinungsmacher und beeinflussen eine Zielgruppe.
Der Nachteil reiner Branding-Kampagnen: Sie sind schwer zu messen. Hier kommt die Performance ins Spiel. Da steht natürlich die Frage im Raum, was genau das Unternehmen für sich als Performance definiert. Ist es die Kampagnen-Reichweite, sprich die Likes und Kommentare oder sind es die digitalen Sales? Aber egal wie die Definition lautet, Fakt ist: Wen es um die Performance geht, hat man in der Regel eine messbare Kampagne mit einem klaren Ergebnis. Mein Fazit dieser Session: Branding oder Performance, beide Marketing-Strategien müssen sich nicht ausschließen, sondern müssen und können sich sinnvoll ergänzen.
Session 3: Innovationen im Influencer Marketing
Schon mal etwas von Miquela Sousa gehört? Nein? Vielleicht aber unter ihrem Namen Lil Miquaela. Mit 1,5 Millionen Followern gehört sie nämlich zu den Big Playern im Influencer Business. Doch Miquela ist kein Mensch aus Fleisch und Blut. Sie ist die erste virtuelle Influencerin. Ein vollständig computergenerierter 3D-Avatar. Und wenn sie schon nicht „echt“ ist, will sie wenigstens echt wirken. Und das klappt ziemlich gut: Sie kooperiert mit den ganz großen Marken (z.B. Chanel). Ihre Fotos landeten sogar schon in der Modebibel „Vogue“. Und wie ein echtes Insta-Idol präsentiert sie nicht nur Brands, sondern engagiert sich auch für politische Themen wie Feminismus oder Flüchtlinge. Sind virtuelle Instagrammer die neue Generation von Influencern? Und was bedeutet diese Entwicklung für das Marketing?
„Diese Influencerin ist zu schön, um wahr zu sein – und macht damit Millionen.“ Orange by Handelsblatt
Fakt ist zwar, dass immer mehr der sogenannten CGI Influencer auf dem Vormarsch sind und den Markt erobern wollen, trotzdem: Influencer Marketing lebt vor allem von Vertrauen. Und Authentizität. Eine Kampagne mit künstlichen Influencern mag innovativ sein und wird es in Zukunft garantiert auch öfter geben, aber ist trotzdem nicht mit Produktempfehlungen und Content von menschlichen, echten Influencern gleichzustellen. Inwieweit 3D-Avatare als Influencer die Branche verändern werden, ist noch nicht wirklich abzusehen. Die Augen vor solchen Trends zu verschließen, wäre allerdings fatal. Influencer Marketing ist eben nicht nur eine junge Branche, sondern auch eine entwicklungsreiche. Jeden Tag kommt Neues dazu. Doch die Trends und Innovationen sind nicht nur neue Herausforderungen, sondern können Prozesse auch erheblich erleichtern.
Artificial Intelligence im Influencer Marketing
Wenn wir von Influencer Marketing mit künstlicher Intelligenz sprechen, geht es nicht nur um virtuelle Simulationen wie Lil Miquela. Erstmal geht’s bei KI ja um die Fähigkeit von Maschinen, Aufgaben zu übernehmen, die sonst von Menschen erledigt werden würden. Im Influencer Marketing könnte das vor allem bei der Analysearbeit eine enorme Hilfe sein. Durch Artificial Intelligence können riesige Datenmengen schneller verarbeitet werden, sprich Entscheidungen und Auswertungen in Influencer-Kampagnen könnten mit Hilfe einer KI zukünftig automatisiert werden. Die Rede ist dabei von Echtzeit-Performance-Analysen, Fake-Erkennung, Budget-Verteilung oder sogar Content-Optimierungen.
Session 4: Micro-Influencer vs. Promi/Testimonial
Authentizität ist das Zauberwort im Influencer Marketing und der Grund, warum kleine Influencer für Marketing-Kampagnen immer interessanter werden. Denn wie glaubwürdig können die großen Insta-Stars mit mehreren Hunderttausend oder Millionen Followern noch sein, wenn sie gefühlt nur noch austauschbaren, lieblosen Paid Content für Unternehmen produzieren?
Kampagnen mit Micro-Influencern
„Weniger ist manchmal mehr“ – mindestens tausend Mal haben wir diesen Spruch schon zu hören bekommen und trotzdem, im Falle der sogenannten Micro-Influencer bewahrheitet er sich: Ja, ihre Reichweite und ihre Professionalität sind gering(er), doch wodurch sie glänzen, ist ihre besonders hohe Engagement-Rate. Grundsätzlich ist zu beobachtent: Je weniger Follower, desto mehr melden sich zu Wort. Doch woran liegt das? Zum einen daran, dass Micro-Influencer oft ein Nischenthema besetzen und sich auf eine bestimmte Branche fokussieren, für die auch ihre Followerschaft brennt. Sprich: Hier kommt eine Community zusammen, die gemeinsame Interessen teilt und dadurch der Austausch sehr hoch ist. Micro-Influencer sprechen ihre Follower direkt an, pflegen die Beziehung zu ihnen und sind dadurch so authentisch und engagiert. Bewerben sie ein Produkt, stehen sie in der Regel auch dahinter und produzieren charismatischen Content, mit dem sie dann direkt ihre Zielgruppe ansprechen.
Und genau diese Glaubwürdigkeit gepaart mit der hohen Interaktionsrate spielt dann den Unternehmen bei ihren Marketing-Kampagnen in die Karten. Denn in Zusammenarbeit mit Micro-Influencern können sie ihr Produkt viel gezielter mit einem engagierten Publikum verbinden. Der Brandfit spielt dabei eine wichtige Rolle: Micro-Influencer erweisen sich oft als markentreuer und stehen hinter den Produkten, die sie vorstellen bzw. bewerben. Das bemerken natürlich ihre Follower und kaufen. Was außerdem noch für die Zusammenarbeit mit kleinen Influencern spricht, ist das Budget. Im Gegensatz zu Celebrities verlangen sie viel weniger, manchmal sogar gar kein Geld für ihre Postings. Und weil Reichweite trotz allem ein wichtiger Aspekt im Influencer Marketing ist und bleibt, wird diese auf anderem Weg generiert. Nicht über die Anzahl der Follower, sondern über die Anzahl der Kooperationen mit Kleinst-Influencern.
Was spricht jetzt überhaupt noch für Stars & Macro-Influencer?
Immer noch – auch, wenn es mittlerweile etwas „old school“ klingt: die enorme Reichweite. Denn eine Zusammenarbeit mit Macro-Influencern und Promis bringt der Marke schnell viel Aufmerksamkeit. Durch die professionelle Betreuung, Umsetzung und das Reporting behält das Unternehmen bei einer Makro-Influencer-Kampagne außerdem die größtmögliche Kontrolle. Hier wird nichts dem Zufall überlassen: Der Content wird von Art, über Umfang bis hin zum Timing durchgeplant. Wer also das nötige Kleingeld übrig hat und lediglich seine Bekanntheit schnell steigern möchte, setzt auf die Stars der Influencer-Szene.