KK18
Auf dem Kommunikationskongress 2018 geht es ums „Fokusthema“ Mut. 197 Referenten verzeichnet die App, über 100 Sessions soll es geben. Die Veranstalter, der Bundesverband deutscher Pressesprecher und die Weiterbildungsstätte Quadriga, sehen es als Gipfeltreffen der Kommunikationsbranche. Wir sind mit drei Reportern live dabei.
Liveticker
Reden ist Silber …
Das Sprichwort kennt man und es gilt auch für Hajo Schumacher: Bisschen weniger selber reden in einem Interview nutzt den Zuhörern.
Klang wie eine gute Veranstaltung…
… ist es aber nicht.
„Gute Lobby, schlechte Lobby“, klingt spannend und ist doch die schlechteste Veranstaltung von kk18. Es wird ausschließlich über die bösen NGOs gesprochen. Der Mann von Bayer sitzt grinsend da und darf zu Stichworten die Konzernmeinung runterbeten. Macht Bayer auch Lobbyarbeit? Machen Konzerne Politik und versuchen sie zu bestimmen? Da kommt keiner drauf. Gitta Connemann (CDU/CSU) redet ständig von ihrem Landfrauenverein und vergleicht das allen ernstes mit Greenpeace. Mir tut das ein bisschen weh.
Zudem: Schlechteste Moderation aller Zeiten, Schade Sebastian Frevel.
Dem Injenör …
… ist nichts zu schwer. Gerade im Startup-Karussell sechs umwerfende Gründerinnen kennengelernt, jeweils 7 Minuten haben gereicht, um uns wegzublasen. Sophie Chung hat Qunomedical gegründet, ein Unternehmen, das crossborder Mensch und Arzt matcht. Sophie ist Ärztin und auf die Frage, wie sie den Mut aufgebracht hat, auszuscheren und selbst zu gründen, sagt sie: „Was soll schon Schlimmes passieren. Im schlimmsten Fall wird es nichts und Du musst wieder arbeiten gehen und den Kredit abzahlen.“ Warum reden immer alle von Nörgeldeutschland? Wir müssen mehr über die tollen Innovatoren in diesem Land sprechen. Sie machen die besten Texte, weil sie gute Geschichten haben und immer konkret an der Sache sind. Wahnsinnig wohltuend. Und man wünscht allen, sorry #KK18, dass sie kein PR-Profi in die Hände kriegt.
Standing Ovations
Irgendwann damals, als die SDP noch eine Ernst zu nehmende Partei war, kam es öfter vor, dass den Genossen stehend applaudiert wurde. Heute schafft das eine Genossin: Franziska Giffey. Wow.
Kann die nicht Kanzlerin werden?
Sollte sie mal. #Franziska Giffey
Girlboss
Bundesministerin Dr. Franziska Giffey: „Frauen können alles.“ Punkt.
Neukölln.
Franziska Giffey sagt, dass es in der Kommunikation wichtig ist, dass der Satz kurz und klar sein soll. Also: Franziska Giffey ist sehr charmant.
Immer gut mit guten Leuten
Der beste Kommunikator auf dem Kommunikationskongress ist zweifellos der Taxifahrer, Kemalist aus Izmir, deutscher Staatsbürger seit Jahrzehnten, der sich über den Staatsbesuch von Erdogan aufregt, die Innenpolitik Sachsens seziert, erzählt, warum er die taz nicht mehr liest, Sigmar Gabriel im Außenamt vermisst und darlegt, warum Steinmeier nicht mehr sein Bundespräsident ist, weil er Erdogan mit militärischen Ehren empfängt und nebenbei immer „verstehst du, mein Freund?“ sagt. Beste Taxifahrt der Welt.
Kommunikation in der Krise!?
Krisenreaktion: „Kommunizieren sie auf dem Level eines 12jährigen Hauptschülers“, sagt Referent Peter Höbel. Kapier ich nicht.
(Im Ernst: Guter Vortrag)
Mit Mut an das Gehirn
Neurochirurg Prof. Dr. Peter Vajkoczy über Gehirnoperationen. Alle Frauen so: ???????????? #KK18
Sex sells
War ja klar, dass es bei diesem Vortrag voll wird. Die Leute stehen sogar – freiwillig. #KK18
Content Marketing braucht Haltung
Dr.-Ing Christian Fill von der Profilwerkstatt GmbH: „Wir tragen eine große Verantwortung mit dem was und wie wir kommunizieren“. Verantwortungsdiffusion vermeiden. Wachsam sein. Resonanz erzeugen.
Live Pitch: Selbstironie, Bildungsauftrag, Mut
In Social Media hat der 1. FC Köln in der vergangenen Saison die besten Kennzahlen der Vereinsgeschichte hingelegt – trotz Abstieg. Mit viel Selbstironie ritten Tobias Kaufmann und sein Marketing-Team vom FC auf allen Kanälen durch die Schlappen auf dem Spielfeld. Doch der Lustig-Lustig-Modus hatte Grenzen: Fans beschwerten sich schon mal, weil sie das Gefühl hatten, der Verein nähme die Abstiegsgefahr nicht Ernst. „Ich würde den Traffic zu 100 % gegen den Klassenerhalt tauschen“, sagt Kaufmann trocken und überzeugend.
Das ZDF tritt mit der Facebook-Aktion #wasfuermichdeutschist an. 30.000 Menschen hätten auf den Aufruf reagiert, einige wurden besucht und befragt, neun Portraits wurden zu einer Doku geschnitten. Damit sollen die „Abschalter“ angesprochen werden, sagt Social Media-Managerin Sonja von Struve, die das ZDF via Facebook schon mal als muffiges Staatsfernsehen bezeichnen.
Die Hamburger Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration startete eine Kampagne gegen häusliche Gewalt. Die Agentur xy setzte auf Frauen, die Gewalt erfahren, sich aber daraus befreit haben. Mutmacherinnen. Um den Geschichten und Bildern ordentlich Buzz zu geben, wurde auf Adbusting gesetzt: Die Gestaltung der Plakate ist der Parship-Kampagne nachempfunden und bekommt dadurch einen dramatischen Twist, der schnell viral ging. Die Kampagne hat es damit sogar bis in die Tagesschau geschafft. Besonders schön an der Arbeit: Sie basiert auf einem Workshop mit Betroffenen und sitzt deshalb auch im Detail. Befragungen von Frauen hatten ergeben, dass das Bad oft der letzte, schützende Rückzugsort ist. Deshalb wurde in Koop mit einer in Hamburg ansässigen Drogeriekette die Nummer der Notruf-Hotline auf kleinen Zetteln in Tampon-Packungen platziert. Ich lege mich jetzt mal fest: Die werden den Pitch gewinnen.
Gute Frage
Jetzt schon die Frage des Tages (und auch des nächsten Jahrzehnts): „Wie können wir mit technischen Neuerungen gesellschaftlich umgehen?“
Männerquote
Auf dem #KK18 wird eine 25 prozentige Männerquote bei den Speakern gefeiert ????
Spring!
Wenn man MUT googelt, erscheint zuvorderst der passende Wikipedia-Beitrag mit Bild: Man sieht die Schienbeine eines Jungen auf dem Freibad-Sprungbrett. Klar, Spring!, das fällt einem als erstes zum Thema ein. So auch hier auf dem Kommunikationskongress 2018. Moderator Hajo Schumacher verschenkt nach einer Schweigeminute, die ihn, wie er passend anmerkt, all seinen Mut gekostet habe, Base-Jump-Tickets an Zuschauer, die sich trauen, schnell auf die Bühne zu hüpfen.
Manchmal erfordert es mehr Mut, umzudrehen und die Treppe des Sprungturms wieder runterzusteigen.