Was ist eigentlich mit Videospiel-Magazinen passiert?
Eine Rezension von zweien, die es geschafft haben: WASD und GAIN sind Printmagazine über Computerspiele, die in einer Zeit publiziert werden, in der eigentlich keiner mehr gedruckte Worte über digitale Spiele lesen will. Warum es trotzdem funktioniert? Die Macher haben den Mut, relevante Themen selbst zu setzen. Sie führen originelle Rubriken ein und haben Gestaltungsideen, die den Unterschied zu lauwarmem Mainstream machen.
Als Kind und Jugendlicher auf dem Dorf war gedankliche Flucht in spannendere Welten – wenig überraschend – ein großes Thema. Gute Ausstiege aus dem Alltag ermöglichten die Playstation und ein Windows-95-Eigenbau-PC. Das Lesen habe ich trotzdem nicht aufgegeben und angefangen, die paar Euro Taschengeld an der Tankstelle gegen Spielemagazine einzutauschen. Von der divers aufgestellten Welt der Magazine rund um Videospiele, die es damals ganz selbstverständlich an unserer Dorftanke gab, ist heute nicht mehr viel übrig. Die Bravo ScreenFun, Computer Bild Spiele, PC Powerplay, PC Action, die GEE und andere Hefte gibt es heute nicht mehr. Ihr schnelles Sterben sollte die Macher eigentlich am wenigsten überrascht haben – im Internet kannten die sich schließlich gut aus.
Angeschossene Platzhirsche
Nur zwei der damaligen Platzhirsche, die PC Games und die Gamestar, schafften es, ihr Angebot in vernünftigen Online-Portalen, YouTube-Kanälen und hinter Bezahlschranken in Sicherheit zu bringen. Die monatlichen Hefte liegen – mittlerweile deutlich weniger umfangreich, dafür aber teurer – noch immer am Kiosk. Das ursprüngliche Konzept der Magazine mit beiliegender Heft-CD oder DVD, Spieletests mit Bewertungsskala (oder sogar einer Spielspaß-Tabelle!) und News hat heute ausgedient: Spielscores sind durch Nutzerbewertungen (zum Glück!) demokratisiert, die Heft-CD ist mit dem Laufwerk aus den meisten Spiele-Rechnern verschwunden, Neuigkeiten verlautbaren die Spieleentwickler mittlerweile gerne ohne nervigen Mittelsmann selber. Kein Wunder also, dass die Zielgruppe die Hefte am Kiosk liegen lässt.
Zu den wenigen Überlebenden der digitalen Götterdämmerung haben sich ein paar neue Vertreter des Videospiel-Journalismus gesellt. Ein wenig Wahnsinn und Leidenschaft gehört wohl dazu, heute ausgerechnet über Videospiele auf bedrucktem Papier berichten zu wollen. Und: Jede Menge frische Ideen, um dem Sujet gerecht zu werden und sich auch langfristig halten zu können. Das Bookazine WASD und das Magazin GAIN schaffen das schon seit einigen Jahren. Anlass genug, mal zu schauen, was dort aus dem Scheitern der Vorgänger gelernt wurde.